Bedeutung von Hochkostenfällen in der PKV
Die These „20 % der Versicherten bewirken 80 % der Ausgaben im Gesundheitswesen“ wurde im Jahre 2007 durch Niehaus (1) einer Wertung und Überprüfung unterzogen.
Niehaus kommt zu dem Schluss, dass die Altersabhängigkeit von Inanspruchnahmen im Gesundheitswesen eine weitaus größere Rolle spielt als bisher angenommen und dass eine breite Inanspruchnahme aller möglichen Gesundheitsleistungen stattfindet. Gerade im Alter verteilen sich die Hochkostenfälle wesentlich homogener auf die Gesamtheit der Inanspruchnahmen als in jungen Jahren.
Gerade im ambulanten bereich sind die Ausgaben homogener verteilt, im stationären Bereich ergeben sich zwangsläufig Konzentrationen.
Niehaus ging auch der Frage nach, ob Personen, die in einem Jahr besonders hohe Ausgaben verursachten, die auch künftig tun. In einer Längsschnittanalyse konnte diese These nicht bestätigt werden.
In jedem Lebensalter sind die Ausgaben in den letzten 10 Jahren gestiegen, wobei die Zunahme der älteren Versicherten besonders in den höheren Altersklassen Auswirkungen auf die Ausgabenentwicklung zeigt (2).
Der Anstieg ist auf eine allgemein breitere Inanspruchnahme der Leistungen zurückzuführen. Immer mehr Menschen bekommen eine immer teurere Grundversorgung. Damit bestätigt sich auch der Verdacht einer monetären Medikalisierung (Einnahmenoptimierung bei den Leistungserbringern).
Für uns ergibt sich aus diesem Fazit folgende Empfehlung:
Weniger das Case Management in Hochkostenfällen steht im Vordergrund der Leistungssteuerung, vielmehr kommt der breiten Prüfung von Inanspruchnahmen gerade bei über 50-jährigen eine Schlüsselstellung zu.
Dies bedeutet nicht, dass im Einzelfall ein Case Management nicht sinnvoll sein kann, insbesondere dann, wenn Merkmale vorliegen wie
- Doctor hopping (Inanspruchnahme verschiedener Fachrichtungen und Ärzte in enger Abfolge
- Unklare Behandlungsdiagnose(n)
- Zahlreiche Behandlungsdiagnosen (Verlegenheitsdiagnosen? Negierung von psychischen Ursachen?)
- Wiederholte teure Diagnostik bei gleich bleibenden Beschwerden
Mithin: die Inanspruchnahme der Leistungen sollte bei über 50-jährigen intensiver als bisher auf ihre medizinische Notwendigkeit hin geprüft werden. Im Einzelfall kann auch ein Case Management sinnvoll sein.
Literatur:
- Niehaus, F.: Die Bedeutung der ausgabenintensiven Fälle im Gesundheitswesen. WIP 2007.
- Niehaus, F.: Alter und steigende Lebenserwartung. WIP 2007.